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Bäckerei Reiner Stolzenberger
Bäckerei Reiner Stolzenberger
Reiner Stolzenberger (RS) spricht über die Bäckerei Reiner Stolzenberger und das Bäckerhandwerk in Deutschland.
by Karsten Schmidt
 

“Die Kunden vergleichen natürlich Preise, aber sie sind bereit, für wirklich besondere Produkte auch mehr zu bezahlen!”
Die Bäckerei ‘Bäckerwirtschaft“ wurde 1955 von reiner Stolzenbergers Eltern, Erich and Louise Stolzenberger, in Bönnigheim in der Poststraße 1 gegründet. “Wenn frisch gebackene Brezeln in schwäbischen Weinstuben zum " Viertele" angeboten wurden, dann langten die Weinbauern gern zu”, erzählt Reiner. Diese alte Tradition erlebt heute eine Renaissance: Weinstuben, Feiern auf dem Bauernhof, Gaststätten mit eigenem Backofen, Getreidebauern, die ihr eigenes Brot und andere Backwaren herstellen. Früher wurde dadurch einfach der lokale Bedarf gedeckt, heute stehen die Einzigartigkeit und die Qualität der Produkte im Vordergrund.  Aber – dieser Trend hat Erfolg.

KS: In der Backwaren Stolzenberger wird die Kunst und Tradition des Bäckerhandwerks gepflegt - wie äußert sich das in der Bäckerei und für die Kunden?
RS: “Wir bieten eine große Auswahl an traditionellen Backwaren an, so werden beispielsweise “Schwäbisches Bauernbrot”, “Holzfällerbrot” und “Winzerbrot” heute noch nach unserem Familienrezept traditionell gebacken. Dazu wird unser eigener natürlicher Sauerteig mit seiner langen Ruhezeit verwendet. Wir legen großen Wert auf die Herstellung des natürlichen Sauerteigs! Wir verwenden keine Backmischungen, sondern lassen den Sauerteig über Nacht reifen. Durch dieses Verfahren werden Bakterien, Enzyme und Naturhefe im Korn aktiviert. Durch diese Fermentierung entwickelt sich der natürliche Geschmack ohne die Zugabe von Hefe und anderen Zusätzen.  Und das wiederum stimuliert die Toleranz unserer Produkte, und das Brot bleibt länger frisch. Unsere Kunden schmecken den Unterschied zu industriell hergestelltem Brot.

Kaiserwecken und andere kleine Backwaren werden ebenfalls nach diesem Verfahren der längeren Fermentierung hergestellt. Auch für diese Produkte verwenden wir nur sehr wenig zusätzliche Hefe. Schwäbische Spezialitäten wie die “Laugenbrezel” und anderes Laugengebäck sind sehr beliebt und lassen sich den ganzen Tag über knabbern. Der schwäbische “Hefezopf” und anderes Hefegebäck gehören zu unseren Spezialitäten - ein Muss für jede Gelegenheit.

KS: Kann der “Regionalismus” im zunehmenden Wettbewerb bestehen?
RS: “In erster Linie hängt das von der Kooperation und dem Beitrag aller Beteiligten in der Wertschöpfungskette ab; nur so kann ich ein Produkt liefern, das meine Kunden gern kaufen und jeden Tag genießen wollen.  Ich beschaffe die Zutaten für meine regionalen Spezialitäten direkt aus der Region; so kommt beispielsweise unser Mehl ausschließlich von der Jesser-Mühle, einem über 100 Jahre alten Familienbetrieb. Diese Mühle garantiert ein hochwertiges Mehl aus lokal angebautem Getreide, und wir sichern die zuverlässige Lieferung über langfristige Verträge.”

KS: Wie reagieren Sie auf neue Herausforderungen im Markt und auf die wechselnden Kundenanforderungen?
RS: “Heutzutage kann jeder Backwaren anbieten, und Lebensmitelhändler, Supermärkte und Tankstellen verkaufen immer mehr frische Brötchen. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, sich zu spezialisieren und neue Wege zu gehen. Es gibt zahlreiche Chancen und Möglichkeiten. Im Frühstückssektor beispielsweise gibt es zahlreiche Möglichkeiten für neue Entwicklungen, Event-Catering mit Fingerfood, Kaffee und Kuchen oder Snacks werden immer beliebter.

Bei Hochzeiten, Familienfeiern oder Firmenveranstaltungen lassen sich neue Märkte erschließen und in Verbindung mit anderen handwerklichen Angeboten aus dem Lebensmittelsektor (Metzgereien, Käsereien, Winzer etc.) und den Veranstaltern auch ganz neue Produkte entwickeln.

Während der Traubenlese und bei speziellen Sommerveranstaltungen backen wir Kartoffel- und Zwiebelkuchen, die warm serviert werden. Wir liefern auch besondere Brotsorten an “Besenwirtschaften”, kleine private Restaurants der Winzer – Brote, die häufig eine lange Tradition haben. Die Kunden vergleichen natürlich Preise, aber sie sind bereit, für wirklich besondere Produkte auch mehr zu bezahlen!

Ich würde auch gern dem Wunsch meiner Kunden nach glutenfreien Backwaren nachkommen, aber derzeit ist das leider nicht möglich. Es gibt hinsichtlich des Herstellungsprozesses sehr strenge Sicherheitsauflagen (strikte Trennung von anderen Produktionsprozessen), und für einen neuen Produktionsstandort wären erhebliche Investitionen nötig.

Als Bäcker müssen wir sehr genau auf Veränderungen im Verbraucherverhalten achten und neuen Kundenwünschen durch die Entwicklung neuer Produkte Rechnung tragen.”

KS: Sie sind im TRADEIT Projekt stark engagiert. Warum? Sie haben doch bestimmt Besseres zu tun, als für die Projekttreffen quer durch Europa zu reisen?

RS: “Das stimmt schon, es ist nicht einfach, besonders wegen der zahlreichen unterschiedlichen Sichtweisen der einzelnen Partner im Projekt. Aber: Es ist wichtig, für Nachhaltigkeit zu sorgen und traditionelle regionale Produkte anzubieten, um sich mit dem Land und seinen Menschen identifizieren zu können. Der Begriff “Heimat” hat für uns große Bedeutung. Durch das TRADEIT Projekt sind wir in der Lage, die Aufmerksamkeit auf kleine und mittlere Unternehmen zu lenken, die Traditionen und die Regionalität pflegen. Mithilfe von TRADEIT können Menschen sehr einfach Meinungen austauschen, wenn Probleme auftreten, aber es hilft auch, rechtliche Hindernisse etwa beim Marketing oder bei der Schaffung eigener Labels zu überwinden.

Netzwerke werden aufgebaut zwischen Gewerben, die auf den ersten Blick sehr unterschiedlich sind: Fleisch und Wurst, die Herstellung von kalten Fleischwaren und Käse und das Bäckerhandwerk. Durch diese Netzwerke lassen sich neue und vorhandene Produkte und Produktionsprozesse entwickeln und auch Produkte vermarkten.

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir als kleine und mittlere Unternehmen wahrgenommen werden und eine Rolle in der Gesellschaft spielen können. Niemand hat Lust, immer nur anonym im Supermarkt einkaufen zu gehen. 

Klicken Sie hier für ein Video auf Bäckerei Reiner Stolzenberger

Reiner Stolzenberger Bäckerei

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